Das
Äthiopische Hochland erhob sich vor uns. Trotz der Verzögerung sah unser
Zeitplan noch gut aus. Wir verließen den Sudan. Das rote Meer mit seinen
Korallenriffen verschwand langsam aus dem Blickfeld. Eine Verbindung mit
Addis Abeba auf KW gelang noch nicht. Es war nur ein Kratzen und Zischen zu
vernehmen, so wurde der Einflug blind abgesetzt. Asmara tauchte vor uns auf
und die Verbindung auf UKW war gut. Ich musste mich wieder daran gewöhnen
den gesamten Flugplan über Funk durchzugeben., Startplatz, Zielplatz, Höhe,
Besatzung + Passagiere .....
Warum gab man eigentlich den Plan schon am Boden ab? Aber das war Afrika. Es
war eben so!
Unsere Flugstrecke sollte von Asmara ohne größere Korrekturen über Djibouti
direkt nach Aden gehen, sollte. Wir hatten eine Gewitterwarnung, die uns
eigentlich nicht betraf, bekommen. Im Gebiet zwischen Djibouti und Addis
Abeba sollte es eine Gewitterfront geben, die weiter nach Westen zog. Durch
dieses angegebene Gebiet beabsichtigten wir nicht zu fliegen.
Je weiter südlich wir kamen, verdichteten sich die Wolken. Der Blick auf den
Radarschirm der GROSA-26 (Gewitter) besagte nichts Schlimmes. Doch es kam
schlimmer. Auf dem Radar tauchten immer mehr Gewitterkerne auf. Wir
versuchten unseren Kurs zu halten bis es nicht mehr ging und nur noch Kerne
zu erkennen waren. Funkverbindung zu Asmara bestand nicht mehr, Addis war
auf KW nicht zu verstehen, Djibouti war noch zu weit weg.
Funknavigationsmittel standen nicht zur Verfügung, entweder waren sie nicht
in Betrieb oder die Reichweite war nicht ausreichend. Wir mussten den
beabsichtigten Kurs total verlassen. Koppeln war jetzt angesagt. Auf dem
Radar wechselte ich dauernd zwischen Wetterbeobachtung und Erdoberfläche,
daneben Zeit und Kurs. Es wurde still in der Maschine. Alle waren bis auf
das Äußerste angespannt. Würde es einen schnellen Ausweg geben oder ließe
sich ein Einflug in das unsichere Nordjemen nicht vermeiden? Schnell die
Frequenzen von Sanaa und anrufen. Ohne Erfolg. Sanaa antwortet nicht. Alle
Funkstationen wurden aufgeteilt, Sanaa, Djibouti und KW mit Addis Abeba.
Nirgendwo ein Erfolg.
Im Radar erschienen zwei Inseln im Roten Meer. Falls wir diese Inseln
Überflogen, wären wir im nordjemenitischen Luftraum ohne Genehmigung. Eine
gefährliche Aktion.....
Laut Radar konnten wir bald wieder einen Südkurs einnehmen. Die
Gewitterkerne zeigten eine westliche Zugrichtung an. Sekunden wurden zu
Stunden. Endlich konnten wir es wagen abzukurven. Es war wie ein Wunder, die
Wolkendecke riss auf, die Inseln lagen vor uns und wir kurvten vorerst auf
180 Grad. Aufatmen. Nach einigen Minuten auf diesem Kurs endlich die
ersehnte Verbindung nach Addis Abeba. Wir meldeten das Verlassen der Trasse,
den genauen Standort und die Litanei des Flugplanes. Die Antwort ging fast
im Rauschen unter.
Mittlerweile war unsere Position kurz vor Assab. Assab erinnerte an den
Einsatz mehrerer AN-26 während des Hilfseinsatzes zur Dürrekatastrophe
1984/85. Der Ort mit dem markanten Berg im Anflug war das Basislager der
AN-26 Maschinen.
Die Verbindung mit Djibouti klappte nun auch. Position, Höhe,
Destination....
Djibouti bestätigte alles und gab uns eine Gefahrenmeldung, das der
Flughafen Djibouti wegen heftiger Unwetter geschlossen sei. Wir waren froh,
das es uns nicht mehr betraf. Die Position war Mandab dem Ausgang des Roten
Meeres und wir nahmen Kurs auf Aden. Kein Wölkchen war in dieser Richtung zu
sehen. In den Farben der Abendsonne getaucht landeten wir in Aden. Den
Rollanweisungen und dem „Follow me“ folgend wurde der Abstellplatz erreicht.
Kurzer Check, Verbraucher aus und Abstellen der Triebwerke. Jetzt die
schweißnassen Uniformen aus und eine Dusche. Es blieb bei dem Gedanken.
Schnell noch einmal Ladung und die „Tarnung“ unserer Bierkästen überprüfen.
Wir wollten keinen Ärger in dem islamischen Land, wegen des Alkohols. Schon
klopfte es an unseren Rumpf. Ein Jemenite in traditioneller Kleidung stand
vor der Bordtür. Erst begrüßte er uns in englisch, dann ging er jedoch ins
fließend Deutsche über. Wickelte mit uns alle Formalitäten ab und erkundigte
sich über Dies und Jenes. Plötzlich fragte er nach Bier, deutsches Bier. Wir
verneinten seine Anfrage. Wir hätten kein Bier. Er ließ nicht locker. Um das
Thema zu ändern, fragten wir ihn, woher er so gut deutsch könne. Seine Augen
blitzten freundlich auf, er wäre doch drei Jahre in Brandenburg/Briest zum
Hubschrauberpiloten ausgebildet worden. Es wäre seine schönste Zeit gewesen
und Bier gab es auch. Wir konnten seinem Verlangen nicht mehr widerstehen.
Er genoss es, die Flasche Bier zu öffnen und einen tiefen Schluck zu nehmen.
Schnell verschlossen wir die Bordtür, denn ganz wohl war uns nicht.
Was sagt Allah dazu, das er Bier trinkt? Allah sieht das nicht, denn er sei
auf DDR Territorium, antwortete er augenzwinkernd. Das Bier war eine
Freifahrtkarte für uns. Aus Dankbarkeit fuhr er uns zu allen Stellen des
Flughafens, die wir noch zur Abfertigung und Vorbereitung benötigten. In der
Zwischenzeit war die Maschine von den anderen Besatzungsmitgliedern betankt
und abgedeckt worden die Fracht entladen und ein Vertreter der DDR-Botschaft
war vor Ort, um uns abzuholen. Das Duschen musste weiter verschoben werden,
denn der Botschafter lud uns zum Abendessen ein. Danach ging es endlich ins
Hotel ohne Sterne.
An der Rezeption fragte man mehrmals die Zeit für das Frühstück ab, weil man
es nicht glauben konnte, so früh aufzustehen. Endlich im Zimmer, ein
Zweibettzimmer, so groß wie ein Einbettzimmer. Das Duschen zog sich, da das
Wasser nur tröpfelte und man sich nicht sicher war, wann es ganz versiegte
oder wegen der Hitze verdampfte.
Die Müdigkeit überfiel mich, aber an Schlaf war nicht zu denken. Entweder
raubte einem die Hitze oder die klappernde und quietschende Klimaanlage den
Schlaf. So befand ich mich bis zum Aufstehen in einem Dämmerzustand.......
(c)
LUROKO 2004 |